Nicht nur im Frühjahr ist Fasten in aller Munde. Ob Intervallfasten, Basenfasten oder Saftfasten – der vorübergehende bzw. zeitweise Verzicht auf feste Nahrung boomt. Als ärztlich geprüfte Fastenleiterin ist Verzicht und Reduktion für Christine Gaetz-Kettner das tägliche Brot. Im Gespräch mit dem Österreichischen Teeverband erzählt sie, warum Fasten für sie die beste Gesundheitsvorsorge ist und warum Tee in einem Fastenprozess eine wichtige Rolle spielt. Nicht nur von Innen!

Was macht für dich die Faszination Fasten aus?

In meinem ersten Kontakt mit Fasten 2007 stand die persönliche Auszeit, Batterien aufladen, Abstand nehmen, mich von Verpflichtungen und Lasten zu befreien im Vordergrund. Heute als aktive Fastenbegleiterin fällt es mir schwer, die Faszination auf wenige Worte einzugrenzen. Natürlich steht im Kern das Loslassen, Reduzieren, der Verzicht. Es ist meiner Meinung nach, die Gesundheitsprävention schlechthin und vor allem die Möglichkeit, dem eigenen Körper wieder zu zuhören, ihm die Zeit und den Raum zu geben, seine Signale zu erkennen.  

Fasten als eine Art Reset-Knopf?

Ja, genau. Unser Körper kommuniziert immer mit uns, aber durch den Alltag und verschiedenste Umstände, haben wir verlernt auf ihn zu hören. Fasten ist da ein wunderbarer Reset-Knopf, um neu zu starten. Wir haben nur einen Körper und wir sollten uns gut um ihn kümmern. Fasten macht leichter und macht frei. Und zwar nicht nur im körperlichen Sinne – natürlich machen wir unsere Zellen leer und schaffen damit Platz für neues. Aber analog passiert beim Fasten ein ähnlicher Prozess auch mit unserem Geist. Durch unseren Überfluss in jeder Hinsicht haben wir im wahrsten Sinne des Wortes auch oft ein Brett vor dem Kopf. Und auch das wird beim Fasten gelöst. Es geht wirklich um Loslassen in jeder Hinsicht. Wir lassen belastende Gedanken los, erkennen neue Wege, Lösungen auf geistiger Ebene und ja, machen Raum für Neues. Und das macht frei. Fasten ist ein Frei-Machen auf allen Ebenen. Ein Leichter-Werden nicht nur an Gewicht.

Für wen eignet sich fasten?

Grundsätzlich gilt – es ist nie zu spät. Man kann bis ins hohe Alter fasten bzw. auf feste Nahrung verzichten. Wichtig ist, dass man körperlich und geistig gesund ist und diese Entscheidung in Eigenverantwortung trifft. Bei Vorerkrankungen bzw. bei regelmäßiger Medikamenteneinnahme muss eine Fastenabsicht immer mit dem Arzt abgeklärt werden.

Warum ist Trinken beim Fasten das Um und Auf?

Sehr oft steht beim Fasten, wie dem gängigen Saftfasten, der Verzicht auf feste Nahrung im Vordergrund. Worauf nicht verzichtet werden kann, ist die Flüssigkeitszufuhr. Unsere Nieren und unsere Leber brauchen viel Flüssigkeit zum Entgiften, diese Organe arbeiten beim Fasten auf Hochtouren. Wir unterstützen diesen Reinigungsprozess, in dem wir ihnen viel Flüssigkeit zuführen.  Empfohlen werden zwei bis drei Liter am Tag. Gleichzeitig dient die Flüssigkeitszufuhr auch dazu, das Hungergefühlt zu dämpfen. Ein Effekt, den man sich auch im Alltag jederzeit zu Nutze machen kann.

Welche Getränke sind beim Fasten erlaubt?

Dabei geht es in erster Linie um Wasser und um Tees. Damit machen wir unserem Körper in dieser Zeit das Geschenk, dass er sich so wenig wie möglich anstrengen bzw. filtern muss. Dabei lautet die Devise: pur! Also beim Wasser möglichst kein Mineralwasser oder mit Zusatzstoffen. Tees dürfen beim Fasten nur ohne Zucker, Honig, Milch usw. getrunken werden, maximal ein Spritzer Zitrone oder einer Ingwerscheibe können hinzugefügt werden. 

Welche Teesorten sind beim Fasten bzw. Entlasten des Körpers empfehlenswert?

Ich empfehle vordergründig Kräutertees. Diese werden basisch vom Körper verstoffwechselt und enthalten kein Koffein.

Mein persönlicher Favorit ist der Brenneseltee, weil er entwässert. Auch bittere Teesorten können gut den Entgiftungsprozess unterstützen und leisten wertvolle Impulse für unsere Leber und Galle. Wer auf einen belebenden Effekt nicht verzichten will, greift zu Thymian. Salbei ist entzündungshemmend, krampflösend und verhindert zu starkes Schwitzen. Rosmarin ist gut bei niedrigem Blutdruck. Auch Lavendel und Lemongrass finden immer mehr Anhänger. Lindenblüten, Holunderblüten, Hibiskus Blüten und Himbeerblätter bringen eine leichte Süße, ohne süß zu sein.

Gibt es Sorten, die fürs Fasten weniger geeignet sind?

Bei Schwarz-, Grün- und Früchtetees sieht es leider ein bisschen anders aus. So werden alle Früchtetees sauer verstoffwechselt und kühlen auch den Körper. Schwarz- und Grüntees enthalten Koffein und diesen aufputschenden Effekt wollen wir beim Fasten vermeiden. Deswegen verzichtet man beim Fasten ja auch auf Kaffee.

Eine Ausnahme ist der Weiße Tee, der auch basisch verstoffwechselt wird.

Muss ich mich auf eine Sorte beschränken?

Nein, ganz im Gegenteil! Die Abwechslung macht es aus. Zumal ja Wasser und Tee die alleinigen bzw. „Hauptnahrungsmittel“ beim Fasten sind. Ich empfehle einfach ein Durchkosten, was schmeckt und guttut. Beim Fasten fangen wir ja auch neu und intensiver an zu schmecken und da ist Tee einfach ein tolles Getränk, weil es so viele Geschmacksnuancen bietet.

Tee kann ich ja auch super vorbereiten, egal ob mit Beutel oder lose, und mir dann in der Thermoskanne ins Büro oder wohin auch immer mitnehmen.

Sie wollten uns in Bezug auf Tee noch einen Tipp verraten?

Ja, diese Empfehlung gebe ich jedem meiner Fastenteilnehmer: Tee wirkt nicht nur von innen! Ein Bad mit Teeaufguss ist eine Wohltat für Körper und Haut. Unser größtes Entgiftungsorgan ist unsere Haut und wir nehmen auch über die Haut auf. Ob Brennesel, Lavendel oder auch Himbeerblätter – einfach ein, zwei Kannen bzw. ganz nach Belieben ins Badewasser gießen. Auch für ein Fußbad! Nur von Kurkuma würde ich auf Grund der Verfärbungen vielleicht abraten. Tee tut unserem Körper innen wie außen gut!

Was sind die optimalen Rahmenbedingungen, um zu Fasten?

Was ich als essentiell erachte, ist ein positives Abspeichern des Fastenerlebnisses. In unserer westlichen Welt lebt unser Körper prinzipiell in einer Überfülle. Er ist konditioniert, jede Nahrung zu jeder Zeit von außen zu bekommen. Beim Fasten muss unser Körper in den ersten paar Tagen den Schalter finden, um auf die Ernährung von innen umzuschalten. Da muss er sich seiner Depots bedienen. Aber grad beim ersten Mal kennt der Körper diesen Weg dorthin noch nicht.

Deshalb kann es im Falle von Entzug, was Fasten ja für den Körper ist, auch zu mehr oder weniger starken Begleiterscheinungen kommen. Wir sprechen hier auch von einer sogenannten Fastenkrise, die vornehmlich in den ersten drei Tagen auftreten kann. Der Stoffwechsel und der Kreislauf fahren in dieser Zeit runter. Jeder, der zu fasten beginnt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass Fasten im ersten Moment Stress für den Körper, den gesamten Organismus bedeutet.  Insofern empfehle ich insbesondere beim ersten Mal Fasten unbedingt eine fachkundige Begleitung.

Gibt es einen ultimativen Tipp, den inneren Schweinehund zu besiegen?

Ich denke, dass gerade beim ersten Mal Fasten eine Begleitung das Um und Auf ist. Jemand, der in jedem Moment da ist, der zuhört, der dir erklärt, was gerade in deinem Kopf und Körper passiert. Gleichzeitig möchte ich sagen: keine Angst vorm Fasten, vor dem inneren Schweinehund! Jeder gesunde Mensch kann fasten, jeder gesunde Körper kann das. Einfach ausprobieren, neugierig sein und sich überraschen lassen, welche positiven Effekte möglich sind und zu was unser Körper fähig ist. Das Wichtige dabei: kein Druck, keine Erwartungshaltung. Sondern mit einem positiven Zugang Kopf und Körper in Einklang zu bringen, damit beide Loslassen können. Das ist eine der wichtigsten Zutaten beim Fasten.

Ist Fasten auch im Alltag möglich?

Ich möchte hier gerne zwei Dinge unterscheiden. Einerseits das Fasten im Sinne einer Kur, also zeitlich beschränkt, ob nun für drei Tage oder auch eine Woche. Dies kann sowohl in den eigenen Vier Wänden oder auch natürlich an einem bestimmten Ort, ob Kloster, Hotel, wie auch immer, und mit entsprechendem Rahmenprogramm stattfinden. Hier gilt es für sich selbst herauszufinden, was besser geeignet ist. Unterstützt mich das bewusste Austreten aus dem Alltag, dem Stress, den Verpflichtungen, der Familie in meinem Vorhaben oder will ich in der Vertrautheit meiner eigenen Umgebung bleiben, als Rahmen, der für mich hilfreich ist? So oder so empfehle ich, vor allem bei Fastenneuligen, den Prozess nicht alleine und auf eigener Faust zu starten, weil, wie erwähnt, viele Prozesse im Zuge des Fastens in Gang gesetzt werden und das kann Körper wie Geist auch (über-)fordern.

Etwas Anderes ist es, sich bewusst für Reduktion und Verzicht im Alltag im Sinne von jedem Tag zu entscheiden. Dem entspricht zum Beispiel die 5:2 Methode, wo ich fünf Tage bewusst und reduziert esse und beispielsweise das Wochenende auch genieße. Oder auch das momentan sehr verbreitete und beliebte Autophagie – bzw. Intervallfasten, wo ich mich zu einem täglichen Nahrungsverzicht von 16 Stunden entschließe.

Egal, für welche Methode man sich entscheidet – jeder Verzicht an Nahrung, jeder Fastentag ist bei gesunden Menschen ein Gewinn für Körper, Zelle und Geist.

ÜBER CHRSTINE GAETZ-KETTNER

Zum Fasten kam sie 2007 durch Zufall. Zeit für mich, Ruhe, Entspannung waren damals die Wörter, die sie zu einer einwöchigen Auszeit ins Kloster Pernegg führen. In ihrer ersten begleiteten Fastenwoche ernährt sich Christine Gaetz-Kettner von 250 Kalorien am Tag, bestehend aus Fruchtsaft, Suppe und ungezuckertem Tee. Fasziniert von dem Entspannungs- und Erholungsfaktor investierte die Mutter von drei Kindern ab diesem Moment jedes Jahr eine Woche ihres Urlaubs in eine Fastenauszeit. Aber es sollte noch bis 2017 dauern, bis auch der Wunsch nach beruflicher Veränderung die Weichen in Richtung Fasten stellte. Nach der Ausbildung zur ärztlich geprüften Fastenleiterin arbeitet Christine Gaetz-Kettner selbständig in diesem Bereich und bietet über https://www.fastenistmehr.at/ persönliche, individuelle Fastenbegleitung an.

Ihr Motto: „Dankbar sein für das was wir haben, und dankbar sein für das was wir nicht brauchen.

Christine Gaetz-Kettner